Unsere Fahne flattert uns voran. Schnätterätäng, schnätterätäng, bumm, bumm!
So eine Rache – aaahh! – ist ja was ganz Süßes, besonders wenn sie schön blutig ist. Diese unbestreitbare Tatsache besang schon Ernst Moritz Arndt, der beliebte chauvinistische Antisemit:
„Wir wollen heute Mann für Mann
mit Blut das Eisen röten
mit Henker- und mit Knechteblut
o süßer Tag der Rache.“
Dideldei, dideldum!
Er reimte – vielleicht nicht zu Unrecht:
Blut: „Das klinget allen Deutschen gut“, und Rache: ist ne „große Sache“.
Obwohl: es muss nicht zwangsläufig allen Deutschen gut klingen.
Obrigkeiten lieben es aber, mit der Propagierung dieser Art von Nationalismus, das Volk von seinen wahren Interessen abzulenken – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von den Freiheitswünschen, die den Obrigkeiten gefährlich zu werden drohten. Und das Volk, obwohl es damals noch keine BILD-Zeitung gab (und keine von interessierten Kreisen gut finanzierte AfD), war dafür äußerst empfänglich; es sang oder brüllte verzückt die Lieder eines Ernst Moritz Arndt und die Parolen des Turnvaters Jahn.
Dass bei dem herrlich heroischen Rachefeldzug der eine oder andere Rächer draufgehen könnte, das machte ja gerade den abenteuerlichen Reiz aus. Das meinte der Moritz Arndt, und seine Mitläufer meinten das auch. (Man hoffte ja auch insgeheim ein wenig, dass es eher den Helden von gegenüber oder nebenan treffen würde.) Hauptsache, Fahnen flatterten voraus:
„Lasst wehen nur, was wehen kann,
Standarten wehn und Fahnen!“
Oh ja, alles, was wehen kann, wehen lassen; je mehr, desto besser. Fahnen, Taschentücher, Standarten, Hosen, Hemden … Wenn alles so schön wehte, waren sie zu allem entschlossen. [htsP anchor_text = “Weiterlesen”]
„Wir wollen heut uns Mann für Mann
zum Heldentode mahnen.“
Man musste da gar nicht viel mahnen; denn das Schönste war eben, wenn man als Held sein Leben der Rache opfern und mit seligem Lächeln, das Gesicht in den Blutlachen des morastigen Schlachtfeldes, aber alle körperlichen Qualen gering schätzend, langsam, möglichst mannhaft seine Seele aushauchen bzw. – je nach Stimmung – aus dem Leib brüllen konnte. Hauptsache, es wehte! Und möglicherweise fand sich auch die eine oder andere bunte Fahne auf dem Eichensarg wieder. Schade, dass man selbst sie nicht mehr sehen konnte.
Eiche musste es aber schon sein, denn der Deutsche und die Eiche gehören nun mal zusammen: Sie sind knorrig und unbeugsam. Ja, mehr noch, dem deutschen Liedgut aus der dichterischen Feder eines Max von Schenkendorf („Wenn alle untreu werden“) dürfen wie entnehmen, dass Deutsche und Eiche beide „treu“ sind:
„Wollt nimmer von mir weichen
mir immer nahe sein,
treu wie die deutschen Eichen
wie Mond- und Sonnenschein.“
Ist das nicht schön? Wie eine deutsche Eiche der anderen deutschen Eiche (?) treu ist, ja wie der – deutsche – Mond- und der – deutsche – Sonnenschein einander bzw. untereinander (?) treu sind. Wohin man blickt, alles treudeutsch! (Welsche Eichen verdienen dagegen unsere Verachtung, denn sie sind verweichlicht und morsch.)
So schöne Lieder hat auch der Heini Heino mit der „gewaltigen Stimme“ (ProSieben) gesungen und feierlich ein Exemplar seiner Sangeskunst mit dem Titel „Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder“ als Heimatbotschafter auf dem Heimattag der Heimatministerin von Nordrhein-Westfalen Ina Scharrenbach feierlich überreicht. Die hat sich sehr, sehr gefreut: Sie muss Heino (Heino, nicht Heine) lieben, denn alle heimatlich bodenständigen Heinos wählen normalerweise die CDU/CSU, aber oft leider auch die AfD. Frau Scharrrenbach hatte sich auch schon eine dunkle Sonnenbrille und blonde Perücke besorgt, falls der Heimatbotschafter nicht erschiene. Dann hätte sie sich selbst die aufgenommenen treudeutschen Lieder überreicht und das eine oder andere Liedchen vorgetragen. (Man mag sich nicht vorstellen, was es beim Wähler auslösen würde, wenn sonst vielleicht Bernd Höcke mit Heino ein vaterländisches Duett sänge!)
Allerdings gibt es immer Böswillige, die einem welkes Eichenlaub in die deutsche Kartoffelsuppe streuen wollen. Sie mäkelten: Einige der Vaterlandslieder seien auch in den Liederbüchern der SS aufgegriffen worden. Mit der SS mag man aber heutzutage gar nicht so gern assoziiert werden, ob man nun Knapp-Karrenbauer oder Leutheusser-Schnarrenberger oder Kräh-Schnarrvogel oder einfach nur Schnarrenbach heißen mag. ((Möglicherweise wäre es selbst Bernd Höcke oder André Poggenburg unlieb.)) Heimatbotschafter Heino, der gern viel und gewaltig (s.o.) singt, im Überschwang auch mal statt einer alle drei Strophen unserer Hymne, meint aber: „Die Lieder können doch nichts dafür, wenn sie instrumentalisiert worden sind.“ ((Er meint mit „instrumentalisiert“ nicht: von Musikinstrumenten begleitet.))
Was glauben Sie, Frau Scharrenbach: Woran kann es dann wohl gelegen haben? [/htsP]
Heimo schnarrt gewaltig
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