Da hatte Nicolas Richter (siehe Eintrag vom 31.1.16) so schön Trump und Sanders als “Populisten” gleichgestellt. Zur Belohnung durfte er schon wieder ran, auf der Seite drei der “Süddeutschen” (11.2.16). Natürlich kann er sich auch hier nicht verkneifen, einen Sanders Biographen zu zitieren mit der aufwühlenden ,Erkenntnis’, die ihn einfach nicht loslässt: “Beide sind Populisten, sie unterscheiden sich nur durch ihre Feindbilder. Bei Sanders sind es die Reichen, bei Trump die Ausländer.” Zwar behauptet er spöttisch in wunderschöner Vereinfachung, Bernie Sanders wolle “das Geld der Reichen an alle verteilen”, aber diesmal führt er immerhin an, dass Sanders die überhöhten Preise der Medikamente und damit die Pharmalobby in den USA und die Leugnung des Klimawandels durch die Republikaner wegen deren Abhängigkeit von den Spenden der Milliardäre und Ölkonzerne u.a.m. angreift. Und er weist auch darauf hin, dass in keinem anderen westlichen Land – wir, die BRD, gewinnen hier leider wieder nur die Silbermedaille – das Vermögen so ungerecht – ja, er schreibt doch tatsächlich “ungerecht” – verteilt und der Einfluss der Vermögenden auf die Politik so massiv sei wie in den USA und dass die Konzerne zum Teil so niedrige Löhne zahlen, dass die Arbeiter Sozialhilfe benötigen. Aber[dropdown_box] obwohl er zugesteht, dass das, was Sanders fordert, allgemeine Krankenversicherung, Erhöhung des Mindestlohns, kostenloses Studium, Mutterschutz, für Europäer “sozialstaatliche Wirklichkeit” sei, kritisiert der strenge Richter wieder, dass “vor allem (!) unklar” sei, wie er denn wohl seine Pläne bezahlen will. Die Hoffnung, mit einer erhöhten Besteuerung der Reichen an viel Geld zu kommen, hält Richter offenbar für naiv, ohne deshalb in tiefe Melancholie zu verfallen. Diese wirtschaftliche Naivität in Bezug auf Steuereinnahmen kennzeichnet offenbar – wir nehmen diese neue Definition dankbar zur Kenntnis – den Populisten.
Dass die Amerikaner, was man angesichts der Macht des Kapitals nicht für möglich gehalten hatte, endlich bei dem, was sie dort fälschlich “Wahlen” nannten, eine Wahl haben, dass so etwas wie Demokratie aufkeimen könnte, ruft bei ihm offenbar keinen Funken Euphorie hervor. Das “kalte Herz” besteht eben aus purem wirtschaftlichen Sachverstand. Teufel, auch! Daher darf der arme “Populist” Sanders, der ja anders als seine Konkurrentin Clinton seinen Wahlkampf durch Kleinspenden von durchschnittlich 27 $ finanzieren muss, offenbar nicht mit einer Spende von Nicolas Richter rechnen. Würde seinem Portfolio schaden?[/dropdown_box]
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Donnerwetter, das hat uns gefallen
Investigativer Journalismus, das macht einen Teil der Wertschätzung eines Blattes wie der “Süddeutschen” aus. Wie sie diesmal wieder aufdeckt, worauf wir nie von alleine gekommen wären, das hat große Klasse. Als „Stimmen der Unvernunft“(Schlagzeile) sieht Nicolas Richter auf Seite 1 der „Süddeutschen“ (30.1.16) sowohl Donald Trump als auch Bernie Sanders. Nanu? Das haut einen um. Er setzt sie doch tatsächlich gleich! Wir dachten, gegensätzlicher könnten zwei Kandidaten nicht sein: ein ultrarechter Blödmann und erstmals so etwas wie ein Sozialdemokrat. Doch Nicolaus Richter deckt auf: Weil nämlich beide als Männer gelten, die sagen, was sie denken, die also „ehrlich zu sein scheinen“. Ach, dann sind sie beide wahrscheinlich gleich unehrlich. Der Sanders ist bloßer Schein. Nichts dahinter. Ja, das haben wir so noch nicht gesehen. Was waren wir naiv! Trump bemängele “Schwäche und Inkompetenz in Washington, Sanders die wirtschaftliche Ungleichheit“. Ach so! Das ist ja wirklich fast das Gleiche. Dass einem das nicht sofort aufgefallen ist! „Mehr noch aber verbindet den Geschäftsmann und den US Senator, dass sie als unbestechlich gelten. Trump, weil er Milliardär ist, Sanders weil er das große Geld verachtet.“ Ja, Donnerwetter, auf diese Verbindung muss man erst einmal kommen. Die Gegensätzlichkeit ist in Wirklichkeit Übereinstimmung. Oho, welche Erleuchtung! Danke! Sollten sie sich etwa auch äußerlich kaum unterscheiden? Dazu aber leider kein Wort. Hingegen kritisiert Herr Richter angesichts der „Verzückung über den grantigen (auch das noch!) Großvater Sanders, dass kaum jemand (außer Nicolaus Richter) die Frage zu stellen scheint, wer all seine Wohltaten bezahlen soll“. Das ist ja immer so: Alle Linken wollen immer etwas Unbezahlbares.[ref] Deshalb setzte er bereits in einem anderen Artikel (19.1.16) die “seriöse, moderate Clinton” gegen Sanders ab, der also wohl, weil er den verhängnisvollen Einfluss des Großen Geldes auf die Politik mindern und die staatlichen Leistungen aufstocken will, als unseriös und radikal zu gelten hat. Ähnlich süffisant Claus Hulverscheidt (13.2.16), der die Amerikaner gleich empfänglich sieht für die “Tiraden des Donald Trump und die Schalmeiengesänge des Bernie Sanders, obwohl er vorher richtig festgestellt hatte, dass die Kaufkraft der US-Haushalte auf dem Stand von vor 60 Jahren ist und sich die die Gehaltsschere immer weiter geöffnet hat und Ausbildungskosten kaum noch zu tragen sind.[/ref] Zum Glück gibt es jedoch intelligente Menschen, Realisten, wie z.B. Schäuble, die Koch Brüder oder den lieben guten Nicolaus Richter, die das, ohne auch nur hinzuschauen, sofort durchschauen. Im Übrigen: Sollen die blöden Amis doch weiterhin, zwischen rechten Demokraten (Hillary Clinton) und ultrarechten Republikanern wählen dürfen. Das ist schließlich gutes altes Brauchtum. Das ist die Demokratie, wie man sie sich wünscht und wie wir sie ähnlich ja auch von zu Hause kaum anders kennen.
Uns bleibt nur staunend zu bewundern: Wer so kritisch zu schreiben versteht, hat es verdient, in einer Seriosität beanspruchenden deutschen Tageszeitung den Aufmacher zu verfassen.