Ein ganz schwarzer Tag für Norbert Roettgen

Ach, wäre er doch lieber gar nicht erst aufgestanden, sondern hätte den Tag im Bett verdämmert!
Dabei war er doch am frühen Morgen voller Optimismus und Tatendrang aus dem Bett gehupft.
Fröhlich summend, noch voller Lebensfreude war Norbert Roettgen gegen Mittag in das Café Big Harmoney getänzelt, nicht ahnend, welche schauerlichen Erlebnisse dieser Tag noch für ihn bereit halten sollte.
„He, du Piesepampel, hast du keine Augen im Kopf?“, hatte Olaf Henkel ihn angefahren, als er am frühen Nachmittag von guter Laune überschäumend und daher vielleicht etwas ungeschickt hüpfend gegen den Tisch gestoßen war, an dem der Olaf gerade an seinem Chateau Pétrus nippen wollte. „Aber sicher, Olaf, schau doch nur. Natürlich habe ich Augen im Kopf, zwei Stück, und ich sehe auch sehr gut. Ich bin bekannt als vorausschauend. Die Brille trage ich doch nur als modisches Accessoire. Ich war einfach kurz ein wenig unaufmerksam.“ – „Allerdings“, raunzte Olaf Henkel.

Roettgen trällernd

Das war wieder einer dieser bitteren Zwischenfälle, die Norbert Roettgen in seinem Kampf um die Kanzlerschaft unbarmherzig zurückwerfen. Würde der Olaf ihm verzeihen? Oder würde er nun erst recht auf seinen Friedrich Merz setzen oder gar einen anderen Kandidaten von seiner AFDP mit seinem Geld überschütten? Dabei wäre Roettgen doch beinahe selbst in den Vorstand des Bundesverbandes der deutschen Industrie gelangt – hätte er nur nicht zuviel auf einmal gewollt.


„Pass doch auf, du Spatzenhirn!“ hatte ihn dann auch noch Carsten Linnemann von der Mittelstandsvereinigung am selben Tag angeknurrt, als er ihm nachmittags im Flur des Bundestages – wirklich nicht mit Absicht – ganz leicht nur auf den kleinen Zeh getreten war. Und dann war dieser Linnemann, als wäre er als Stürmer des SC Paderborn im gegnerischen Strafraum gefoult worden, mit schmerzverzerrtem Gesicht umhergehüpft, hatte mehrmals laut Aua gebrüllt und sich auf dem Boden gewälzt, obwohl weit und breit kein Schiedsrichter zu sehen war, der Roettgen die Rote Karte hätte zeigen können. Was half es, dass Roettgen beteuerte, er sei gar kein Spatzenhirn, sondern hochintellektuell. habe mindestens genauso promoviert wie alle Linneleute zusammen und dabei immer korrekt zitiert. Aber das Wort “Spatzenhirn” war nun einmal in der Welt und hatte beide tief entzweit. Würde Linnemann ihm jemals verzeihen, oder würde er nun erst recht für Friedrich Merz intrigieren?

Freiherr frisiert

Als er dann aber am frühen Abend auch noch vom Parteifreund Philipp Amthor als Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester angeredet wurde, weil der ihn mit von und ab und zu Guttenberg verwechselt hatte und als echter Streber natürlich sämtliche Vornamen des Adligen auswendig gelernt hatte, da verschluckte Roettgen den Rest des fröhlichen Liedes, das er trotz aller Widrigkeiten dieses Tages leise vor sich hin geträllert hatte. Mit seiner guten Laune war es für diesen Tag endgültig vorbei. „Bin weder Freiherr noch schön, werd jetzt verletzt nach Hause gehn. Ich sehe doch ganz anders aus. Wie kannst du mich mit dem Freiherrn Dr. von und zu Guttenberg – oder heißt er Dr. Freiherr von und zu Guttenberg – verwechseln?“ Aber während Roettgen noch über die korrekte Anrede des Freiherrn nachsann, hatte Amthor frech entgegnet: „Dann suche dir doch einen anderen Friseur, du Dummbatz! Ich kann dir eine Adresse geben.“

Amthor frisch frisiert

Aber auch Phlipp Amthors gutgemeinter Ratschlag half nichts mehr, zumal Roettgen auf die Anrede als “Dummbatz” doch empfindlich reagierte. „Was für ein schrecklicher Tag!“ stöhnte er endlich mit gekrauster Stirn, “ich gehe am besten heute ganz früh ins Bett.” Er machte sich ernsthaft Sorgen um seine Kanzlerkandidatur.