Nein, nein, nein! “Lügenpresse”, das geht nun aber wirklich zu weit. So teuflisch böse sind die Menschen nämlich oft gar nicht. Bequem – ja, sogar faul – ja, labil vor allem – es ist nur eine Schwäche, wenn sie sich gerne in der Menge aufgehoben fühlen und dafür nicht denken müssen. Aber nun ja, was gerade vorherrscht als richtungsweisend, das muss natürlich irgendwann von irgendwem vorgegeben sein. Da muss es jemanden geben, der ein Interesse daran hat, was als wahre Kunst oder als einzig wahre ökonomische Vernunft zu gelten hat. Und wenn es sein Interesse ist und er über die (vor allem finanziellen) Mittel verfügt, seine Lehre zu verbreiten, dann sind sie bald fast alle neoliberal oder bewundern des Kaisers – oh, wie kunstvoll geschneidert! – neue Kleider. Aber – was die wenigsten zu wissen scheinen – es besteht kein Zwang! Zu schön, dass es die Freiheit gibt!
Da hat z.B. die “Süddeutsche Zeitung” [ref]21.11.16[/ref] zu einem SZ-Wirtschaftsgipfel geladen, also einer unverbindlichen Plauderei, bei der man auch mal ungestraft etwas Originelles, d.h. Abweichendes, ja Ketzerisches, äußern kann. Und da wird dann prophezeit, dass bis 2025 in Deutschland laut dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit 1,5 Millionen traditionelle Arbeitsplätze durch Computer ersetzt werden. Und hier fordert Siemens-Chef Kaeser nun nicht etwa als absurde Konsequenz das Renteneintrittsalter auf 95 Jahren anzuheben, sondern sieht – und wagt doch tatsächlich auch noch, es auszusprechen – “eine Art Grundeinkommen” als “völlig unvermeidlich” an, damit “die Menschen versorgt sind”.[dropdown_box] Auch ein anderer Teilnehmer aus der IT-Branche, Chris Boos, fordert angesichts der Tatsache, dass nicht jeder Software-Ingenieur werden kann, das bedingungslose Grundeinkommen. Yvonne Hofstetter wiederum, eine andere Teilnehmerin, stellt fest, dass “die menschliche Arbeit immer weniger Anteil an der Produktivität” hat, und fragt tatsächlich, als wäre sie auf einer Tagung der “Linken”: ” Kann man weiter die Arbeit so stark besteuern, oder muss man nicht schauen, ob man oben beim Kapital etwas macht?” Naja, Schäuble war nicht da. Und – das muss man lobend feststellen dürfen – keiner rief nach dem Verfassungsschutz!
Aber schreibt Charlotte Theile in der SZ dazu, das klinge ja “fast zu gut”. Hieß es nicht immer, das bedingungslose Grundeinkommen, es sei nicht zu finanzieren und mache den Menschen faul?
Darauf gibt es zwei einfache logische Antworten: Wenn der Mensch nichts zu arbeiten hat, dann soll er ruhig faulenzen, wenn ihm nicht gerade danach ist, sich zum allseitig gebildeten Menschen zu entwickeln. (Aber Letzteres lässt sich ja dank Mario Barth, Florian Silbereisen und Chris Tall verhindern.) Und was die Finanzierung angeht, so muss man feststellen: Wenn die Produktivität die menschliche Arbeit überflüssig macht, dann dürfen von den Produkten der Produktionsmittel nicht nur deren – wenige – Besitzer profitieren. Finanzielle Mittel sind also da. Und es wäre ja auch pervers, weiter zu produzieren, ohne dass es genügend Konsumenten für das Produzierte gäbe.
Ach, Schäuble, ach, Christian Lindner, ihr müsst euch zum Glück diese “kommunistische Scheiße” nicht anhören.[/dropdown_box]
Trotz allem Fürspruch bleibt es ja doch ein schaurig Bild: ein Meer von Nutzlosen, karg alimentiert dass es grad so reicht für TV, Aldi, kik und Verachtung von außen wie innen, Verbraucher halt.