Opfer nicht nur unter den Dachdeckern! Neues von der Sprachfront

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.
So hat es Jakob van Hoddis einst kommen sehen. Es ist ein blutiger Kampf. Es geht um Leben und Tod, wie Sebastian Sick vor wenigen Jahren feststellte: „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.“

Süßer Genitiv

Sick sah in seinem gleichnamigen Werk den mörderischen Dativ kurz vor dem endgültigen Sieg und suchte den einst heiß geliebten und verehrten, nun aber nur noch bedauernswerten Genitiv vor dessen Ausmerzung zu bewahren. Sein verdienstvolles Werk löste bei Gebildeten – und vor allem auch bei Ungebildeten –  Empörung aus. Bürger aus allen Schichten des deutschen Volkes schlossen sich zu Kampfbünden zusammen und zielten in eiserner Front mit Bomben und Granaten unbarmherzig auf jeden noch so unscheinbaren, bis dahin arglos in seiner scheinbaren Korrektheit ruhenden Dativ. So verhalfen sie  – heureka! – des Genitivs zu einer nie dagewesenen Stärke. Er wurde vergöttert und ist nun allgegenwärtig. Denn in des Zweifelsfalls greifen die sprachlich Ungebildeten – und davon gibt es dank des permissiv-seichten Schulwesens Unzählige – nun nur noch zu des Genitivs.
Der Genitiv hat in seines mörderischen Kampfes gegen  des Dativs (ja, auch des Akkusativs!)  einen nie dagewesenen Siegeszug angetreten:

Dreckiger Dativ

Es heißt nun, so kann man der Medien entnehmen – „entgegen des Willens“ und „gegenüber des Hauses“; ja, er vernichtet sogar den Akkusativ in festen Wendungen, wenn man in den Medien hört: „wider besseren Wissens“. Alle -tive, Nomina-, Da-, Akkusa-, versinken in des Sodoms und Gomorras. Es Seiner bleibt nur einer eines: des Genitivs.

 

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