Strophe 1
Es war einmal ein Griechenland
ein Land, das fand
nicht uninteressant
mehr Wohlstand
im EU-Verband.
Das war die erste Strophe; jetzt kommt Strophe 2:
Nun wollte die EU nicht jeden,
Es hieß sie überreden,
Dabei ein wenig lügen
und letztlich schön betrügen.
Das flutscht ja prächtig. Dann kommen wir mal schnell zur Strophe 3:
Am besten kann das Goldmann-Sachs;
dort sagt man gleich: „Ich mach’s.
Ich kann es, ich bescheiß
Für einen Niedrigpreis:
Keine weitere Strophe, sondern Ende (weil Reim schwierig):
500 000 000 Euro .
Oh, wie sich das reimt! Das ist ja herrlich! Welch Poesie! (Das mit dem Rhythmus übersehen wir mal, und auch die an sich, was den Betrag angeht, schöne, aber sowohl in Reim als auch Rhythmus missglückte Schlusszeile!) Wo ist das Poesiealbum? Wer hat es schon wieder verlegt?
Ach, wir setzen einfach noch einmal neu an, und doch lieber in Prosa. Na, dann mal los!
Hat man Worte?
Ja, hat man.
Nein oh nein, diese Griechen! Reeder zahlen keine Steuern. Vetternwirtschaft bei den Transportgesellschaften, Lokführer mit 7000 € Gehalt, keine Steuern auf Immobilien. Teils wahr, teils BILD, aber jedenfalls Errungenschaften der korrupten Konservativen und der mit ihnen verbundenen Oligarchen, also jener, die in Deutschland die FDP-Klientel darstellen. Warum tun unsere Konservativen so, als wenn sie das aufregen müsste?
Ihrem Gerechtigkeitssinn folgend haben der IWF, EZB bzw. die Troika den Sündern zur Sühne Armut verordnet, Verminderung der Einkommen der privaten Haushalte um ein Drittel, Entlassungen, 30% Arbeitslosigkeit bzw. 60% Jugendarbeitslosigkeit, wobei keine staatliche Hilfe neue Ausgaben – nur 15% erhalten eine Unterstützung – hervorrufen darf, Zerstörung des Gesundheitssystems – wer arbeitslos wird, verliert auch seine Krankenversicherung – und letztlich die Zerstörung der Demokratie, da nicht die Regierung, sondern die Troika die gesamte Finanzpolitik kontrolliert. Dabei ist die Produktion um ein Viertel gefallen. Staatsschulden von 200 Mrd.€ 2010 bis Ende letzten Jahres auf 320 Mrd.€ gestiegen. 230 000 Betriebe gingen pleite, und rund eine Million Arbeitsplätze wurden vernichtet. Das Spardiktat war mal so eine richtig schöne Strafe. Denn aus Nächstenliebe geschah es nicht. Eine Hilfsmaßnahme hätte anders ausgesehen.[dropdown_box] Selbst Evangelos Mytilineos, einer der zehn wichtigsten Unternehmer in Griechenland, sagt in der SZ: „Es war grundfalsch.“ Und: „Sie haben versucht die Geschichte der Ökonomie neu zu schreiben. Unsere Enkelkinder werden das in 50 Jahren in unseren Geschichtsbüchern lesen.“
Und wehe, wenn Tsipras und die griechische Politik aufmüpfen sollten! Dann würde die nächste Charge der Finanzhilfe, die doch für die Sicherheit der Gläubiger der Staatsanleihen so wichtig ist, nicht ausgezahlt. Und die Griechen, für die kein einziger Euro in Sozialsysteme oder in die Wirtschaftsförderung fließt, werden weinen. Aber da sind sich ja nun alle einig, ob es nun Püppi Merkel, Grantler Martin Schulz oder Dickie Gabriel ist: Der Wähler – er ist ja schlau dank BILD – würde es niemals akzeptieren, wenn auch nur ein einziger Cent seiner Steuergelder an die Griechen verloren ginge. Wer hier Zugeständnisse macht, kann nur die nächsten Wahlen verlieren. Und dass ja keiner in der Geschichte wühlt und den Erlass von deutschen Schulden, den Reparationskosten nach dem Krieg, auch seitens der Griechen erwähnt!
Was sagt man dazu?
Man ist sprachlos, schüttelt ungläubig den Kopf. Oder kann nur lachen über die Naivität der Syriza. Was wollen die denn? Stellen doch tatsächlich Forderungen anstatt unter einem Berg Asche auf dem Kopf und in den Augen zu Kreuze zu kriechen! Dabei ist es gaaaanz einfach: Sie müssen es wie wir machen!
Die Deutschen sind ja bekanntlich – dank Lohndumping – Exportweltmeister.[ref]Die inflationsbereinigten Löhne (Reallöhne) sind von 2000 bis 2009 in Deutschland um 4,5 Prozent gesunken.[/ref] Die anderen Staaten müssen die deutschen Importe – u.a. die wunderbaren U-Boote der Griechen – mit immer mehr mit Schulden bezahlen. Wunderbar! Das haben sie nun davon!
Da gibt es aber doch wirklich die Forderung, dass die EU auch eine Ausgleichsunion sein solle bzw. müsse, die momentan z.B. die die Bundesregierung dazu zwingen sollte, die Binnenwirtschaft zu stärken und die chronischen Exportüberschüsse abzubauen. Wir sollen einen unserer Weltmeistertitel abgeben. Himmel, Herrgott, Podolski! Das kann doch nicht euer Ernst sein!
Die Griechen sind faul, foul! Herr Tsipras, nun kommen Sie uns doch nicht mit der Schuld des Großkapitals. Wir sind doch keine Kommunisten! Gewiss, das Großkapital hat mit den griechischen Staatsanleihen spekuliert, so dass sich Griechenland nicht über den privaten Kapitalmarkt refinanzieren konnte. Dann haben die Ratingagenturen durch die Abstufungen des Landes die Situation weiter verschlimmert. Aber entscheidend ist doch, dass vom Staat bezahlte Reinigungskräfte so belohnt wurden, als wären sie deutsche Mindestlohnempfänger! Dass nach der Privatisierung sich das Säubern verteuert hat, ist ja nicht die Schuld der BILD-Zeitung.
Nun kommen aber dieser Tsipras sowie sein Finanzminister und schimpfen doch tatsächlich – man mag es nicht glauben und kann nur lachen – auf die Merkelisten (und Gabrielisten) und wollen die Troika rauswerfen, weil die unbedingt die Gelder der Kredite wiederhaben will. Dass das, wie inzwischen fast alle Ökonomen eingestehen, gar nicht möglich ist, kann man – das weiß doch jeder Bezirksvorsitzende der CDU und SPD – der schwäbischen Hausfrau nicht erklären. Statt dessen will die griechische Regierung wieder Geld ausgeben, um den Konsum und die Wirtschaft anzukurbeln und die Not zu beenden. Sie will endlich gegen die politische Klasse vorgehen, die Griechenland bisher als einen Selbstbedienungsladen genutzt hat, und eine funktionierende Steuerverwaltung bzw. ein gerechtes Steuersystem schaffen, das die Lasten gerecht verteilt. Aber das hat doch schon vorher nicht funktioniert, wird es auch in Zukunft nicht. Also lasst besser alles beim alten und zahlt eure Schulden zurück, auch wenn ihr es nicht könnt, verdammt nochmal!.
Der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel fordert sogar, dass Finanzhilfen der EU, des IWF und des Rettungsfonds eingesetzt werden sollten für einen Marshall-Plan zugunsten eines Aufbauprogramms, mit einer Erhöhung der Mindestlöhne, der öffentlichen Übernahme der medizinischen Versorgung, Lebensmittelkarten und Kredithilfen für überschuldete Privathaushalte und Unternehmen. Für die Griechen! Das wäre ja fast wie in Deutschland nach dem Krieg; wo davon sogar die damaligen Pegida-Anhänger und Nazis massenweise profitiert haben[ref]Jeffrey Sachs, Direktor des Earth Institute an der New Yorker Columbia University, meint in der Außenansicht der SZ, die Deutschen sollten sich an die Hilfe erinnern, die Deutschland aus dem Marshall-Plan und bei der Londoner Schuldenkonferenz 1953 bekommen hat. „,Verdienten’ die Deutschen die Hilfe 1953? Das war die falsche Frage. Deutschlands neue Demokratie brauchte die Hilfe, das Land brauchte einen Ńeustart. Der Schuldenerlass spielte eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau. (…) Doch genauso wie in Deutschland 1953 stellt sich die Frage nicht, ob Griechenland etwas verdient, sondern ob es einen Erlass braucht und ob Deutschland und die anderen das leisten können. In diesem Punkt sind die Meinungen einhellig: Die Eurozone steht entweder vor einem konstruktiven Schuldenerlass, oder aber vor einem politischen Knall mit Konsequenzen, die weit über Griechenland hinausreichen.“.[/ref]
Hat man Worte? Was sagt man dazu? Na ja, da kann man doch nur mit den Medien sagen: Wohin man blickt – in Griechenland und bei den “Sympathisanten” – überall „Populismus“, „Populismus“, „Populismus“.
Was ist eigentlich Populismus? Die Medien wissen es anscheinend, sonst würden sie es nicht so gerne und häufig verwenden.
Es ist ein Schimpfwort, und als solches wohl eher von geringem aufklärerischen, wenn auch stark emotionalem Wert. Aber irgendetwas außer Beschimpfung muss es ja – zumindest vage – bezeichnen. Nur was denn bloß?
Jetzt durfte uns Jan-Werner Müller, der in Princeton lehrt, in der Süddeutschen belehren. Und Princeton darf sich freuen über einen wie unseren Müller. Er sagt, Populismus sei„der finstere Schatten der modernen repräsentativen Demokratie“. Aha, finster, nein, das ist nicht gut. Denn, so erfahren wir weiter, Populisten sind „zwangsläufig anti-pluralistisch“, sie meinen nämlich – offenbar im Gegensatz zu anderen verehrungswürdigen Politikern -, „nur“ sie „repräsentieren das Volk“. Aaaaha! Ach, Tsipras, Lafontaine usw. nehmt euch doch ein Beispiel an den wunderbaren Seehofer, Pofalla, Tillich, Dobrindt usw., wenn ihr lernen wollt, wie Populisten nicht sind.
Schade, dass dem Artikel nicht mehr Information zu entnehmen ist, aber es stand ja auch nur im Feuilleton (ach,je!) der „Süddeutschen“.[/dropdown_box]