Lobet, preiset, singet!

„Deine Nase ist hässlich, sie ist krumm und gefällt mir nicht“, sagt Wilfried, der trotz seinem Namen partout nicht friedlich sein will. Vladimir, dem seine Nase über alles, über alles in der Welt geht, kontert nicht etwa mit dem Hinweis darauf, dass sie immerhin bei dem Concours International du Plus Beau Nez (CIPBN) in Antibes die Bronzemedaille gewonnen hat, sondern mischt Nowitschok in Wilfrieds Tee, damit er das mit der Nase nie, nie wieder sagt. Das nennt man Zensur; es ist allerdings eine sehr extreme Methode der Zensur, die von vielen Menschen als unfair abgelehnt wird. Donald ist da subtiler. Er wehrt sich gegen den Angriff auf seine Nase, indem er einfach vor die Kameras von Fox News tritt, seinen Kopf schief legt und behauptet, dass die Statur seiner Nase – ebenso wie seine Haare – schon im Hohelied Salomos besungen wurde. Dagegen kommt dann keiner an.

Möglich ist natürlich auch, einfach zu behaupten, dass ein Angriff auf die Nase nur einem teuflischen Komplott entstammen kann, und zwar ausgehend vom stets übel gesonnenen Ausland, speziell natürlich den Juden, z.B. George Soros. Und man kann seine Soldaten alle einsperren lassen, von deren Nase jemand behauptet, dass sie noch viel schöner sei als die eigene (Schneewittchen-Methode).
Wenn es aber zu viele sind, die man einzusperren oder umzubringen hat, dann muss man dafür sorgen, dass man mehr Claqueure auf sich zieht, die die eigene Nase bejubeln. Wenn z.B. das Fernsehen einen Pickel auf der Nase entdeckt, dann ist das unschön. Man kann dann Soldaten hinschicken und alle Mitarbeiter verhaften lassen. Oder man wiegelt den Pöbel auf und lässt ihn die Gebäude in Brand stecken. Oder wenn man in der CDU ist, gründet man ein zweites Konkurrenz-Fernsehen, das Pickel auf Nasen als Schönheitsideal propagiert. So wollte es einst ein Kanzler Adenauer tun. Es wurde ihm allerdings vom Verfassungsgericht untersagt. Was bleibt einem übrig? Man kann sich und anderen auch die Ohren zuhalten. CSU-Chef Franz-Josef Strauß sorgte einst dafür, dass sich der Bayrische Rundfunk aus dem Programm der ARD ausschaltete, wenn ihm eine Sendung nicht passte. Auf Dauer ist dies Vorgehen allerdings sehr anstrengend und daher aus der Mode gekommen. Es gibt schließlich auch hier subtilere Methoden: Man kann Nasenkritiker z.B. mit einer Gehaltskürzung bedrohen. So macht die CDU/CSU – das eint sie mit der AfD – immer wieder einmal gerne Druck, wenn ihr eine Sendung missfällt, indem sie wie Boris Johnson das Volk gegen den Gebührenzwang für das öffentlich-rechtliche Fernsehen aufwiegelt. Wenn z.B. einzelne Großmütter dafür kritisiert werden, dass sie wenig umweltfreundlich im Hühnerstall Motorrad fahren, oder ein möglicherweise rassistisches Verhalten einzelner Polizisten – es wird fälschlich behauptet, im Gegensatz zur restlichen Bevölkerung wären nicht alle Polizisten gute Menschen – satirisch angeprangert wird, dann ist das natürlich ein Anlass zur Empörung. Da muss dann der Generalsekretär der CDU in Sachsen-Anhalt namens Schulze drohen, es werde „nicht nur deshalb“ die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrages nicht kommen: „Die CDU in Sachsen-Anhalt wird das verhindern.“ Und auch einer der Parlamentarischen Geschäftsführender der Unionsfraktion im Bundestag aus der CSU namens Müller sicherte Sachsen-Anhalt seine „volle Unterstützung“ zu. Man muss ehrlich sagen, diese Methode ist immerhin viel feiner als Nowitschok.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert