Gesunde Lobbyarbeit

Schon wieder? Es qualmt. Man sieht ja rein gar nichts!
Schon gut! Besser nichts sehen, nichts hören!
Bravo, das nennt man unternehmerische Voraussicht! Philip Morris hat die 1 250 000 € in seine Kampagne zur Verhinderung zu strenger Tabakproduktrichtlinien im Europaparlament gut angelegt. (Natürlich haben sich auch die anderen Tabakkonzerne nicht lumpen lassen.)[dropdown_box]
Nein, nein, aber Geld ist ja nicht alles! An Argumenten fehlt es keinesfalls: Arbeitsplätze. (8000 Fachhändler und 25 000 Arbeitsplätze sind in Gefahr! Und wenn man dann noch die abgebauten Arbeitsplätze hinzuzählte, die etwa bei einer Einschränkung der Rüstungsexporte dazu kämen! Oh, lieber nichts sehen!) Nicht explizit angeführt ist ein anderes Argument mit vielleicht noch größerer Überzeugungskraft: die 700 000 Rauchertoten, die dem Staat – naja, die Zahlen beziehen sich in Wirklichkeit auf die jährliche Rate in der EU – dank der Industrie nicht mehr als Rentner zur Last fallen. Ja, und der Marlboro-Mann hat doch mit seinem Krebstod geradezu exemplarisch gezeigt, wie schnell man Arbeitsplätze für nachrückende Bewerber frei machen kann, also Arbeitsplätze schaffen.
Kein Wunder, dass die Argumentation und das eingesetzte Kapital bei Mitgliedern einer Partei auf fruchtbaren Boden fallen, die sich für das Gemeinwohl einsetzt, der FDP. Sie muss sich zwangsläufig in der Pflicht sehen, die Wirtschaft, die Grundlage unseres Wohlergehens, ohne jede Rücksicht auf die eigene und fremde Gesundheit vor abgefeimten Anschlägen zu schützen. Die “36 Anträge, die der FDP-Mann Holger Krahmer im Vorfeld der Abstimmung in den Gesetzgebungsprozess eingebracht hat”, hätten, so die Initiative Corporate Europe Observatory, “frappierende Ähnlichkeit mit Dokumenten der Tabakkonzerne” —- weil deren Argumente keine andere (Wort)Wahl zuließen.
So fragt uns und sich dieser Fahnenträger der Freiheit geradezu inquisitorisch, ob die Schockbilder auf den Packungen “nicht eher die Vermarktung der Produkte erschweren sollen”. Und vor allem weiß man ja als freiheitlich Gesinnter, dass man doch um Himmels willen “nicht immer alles regulieren” muss.
Nein, wirklich: “immer” und dann auch noch “alles”- das sprengt zweifellos alle vernünftigen Grenzen!
Aber auch Anette Kramme, zufällig aus einem Wahlkreis mit einer großen Zigarettenfabrik, aber selbstverständlich als SPD Abgeordnete grundsätzlich immer auf der Seite der Opfer, auch wenn sie noch so eklig husten, sorgt sich um den Rechtsstaat und sieht in den Warnhinweisen auf den Zigarettenpackungen einen “Eingriff in fundamentale Rechte wie die Freiheit ökonomischer Aktivität”. Das hätte Philipp Rösler Morris selbst nun wirklich auch nicht besser sagen können! Die Frau hat es echt drauf!
Übrigens auch die Barroso-Mitarbeiter sprechen in einem Schreiben an die Generaldirektorin der Gesundheitsbehörde von der “politischen Sensibilität” der Tabakgesetzgebung. Auch sehr schön gesagt![/dropdown_box]

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