Donnerwetter, das hat uns gefallen

Investigativer Journalismus, das macht einen Teil der Wertschätzung eines Blattes wie der “Süddeutschen” aus. Wie sie diesmal wieder aufdeckt, worauf wir nie von alleine gekommen wären, das hat große Klasse. Als „Stimmen der Unvernunft“(Schlagzeile) sieht Nicolas Richter auf Seite 1 der „Süddeutschen“ (30.1.16) sowohl Donald Trump als auch Bernie Sanders. Nanu? Das haut einen um. Er setzt sie doch tatsächlich gleich! Wir dachten, gegensätzlicher könnten zwei Kandidaten nicht sein: ein ultrarechter Blödmann und erstmals so etwas wie ein Sozialdemokrat. Doch Nicolaus Richter deckt auf: Weil nämlich beide als Männer gelten, die sagen, was sie denken, die also „ehrlich zu sein scheinen“. Ach, dann sind sie beide wahrscheinlich gleich unehrlich. Der Sanders ist bloßer Schein. Nichts dahinter. Ja, das haben wir so noch nicht gesehen. Was waren wir naiv! Trump bemängele “Schwäche und Inkompetenz in Washington, Sanders die wirtschaftliche Ungleichheit“. Ach so! Das ist ja wirklich fast das Gleiche. Dass einem das nicht sofort aufgefallen ist! „Mehr noch aber verbindet den Geschäftsmann und den US Senator, dass sie als unbestechlich gelten. Trump, weil er Milliardär ist, Sanders weil er das große Geld verachtet.“ Ja, Donnerwetter, auf diese Verbindung muss man erst einmal kommen. Die Gegensätzlichkeit ist in Wirklichkeit Übereinstimmung. Oho, welche Erleuchtung! Danke! Sollten sie sich etwa auch äußerlich kaum unterscheiden? Dazu aber leider kein Wort. Hingegen kritisiert Herr Richter angesichts der „Verzückung über den grantigen (auch das noch!) Großvater Sanders, dass kaum jemand (außer Nicolaus Richter) die Frage zu stellen scheint, wer all seine Wohltaten bezahlen soll“. Das ist ja immer so: Alle Linken wollen immer etwas Unbezahlbares.[ref] Deshalb setzte er bereits in einem anderen Artikel (19.1.16) die “seriöse, moderate Clinton” gegen Sanders ab, der also wohl, weil er den verhängnisvollen Einfluss des Großen Geldes auf die Politik mindern und die staatlichen Leistungen aufstocken will, als unseriös und radikal zu gelten hat. Ähnlich süffisant Claus Hulverscheidt (13.2.16), der die Amerikaner gleich empfänglich sieht für die “Tiraden des Donald Trump und die Schalmeiengesänge des Bernie Sanders, obwohl er vorher richtig festgestellt hatte, dass die Kaufkraft der US-Haushalte auf dem Stand von vor 60 Jahren ist und sich die die Gehaltsschere immer weiter geöffnet hat und Ausbildungskosten kaum noch zu tragen sind.[/ref] Zum Glück gibt es jedoch intelligente Menschen, Realisten, wie z.B. Schäuble, die Koch Brüder oder den lieben guten Nicolaus Richter, die das, ohne auch nur hinzuschauen, sofort durchschauen. Im Übrigen: Sollen die blöden Amis doch weiterhin, zwischen rechten Demokraten (Hillary Clinton) und ultrarechten Republikanern wählen dürfen. Das ist schließlich gutes altes Brauchtum. Das ist die Demokratie, wie man sie sich wünscht und wie wir sie ähnlich ja auch von zu Hause kaum anders kennen.
Uns bleibt nur staunend zu bewundern: Wer so kritisch zu schreiben versteht, hat es verdient, in einer Seriosität beanspruchenden deutschen Tageszeitung den Aufmacher zu verfassen.

Ein Gedanke zu „Donnerwetter, das hat uns gefallen

  1. Fein, dass der gute alte rhetorische Kniff – tertium comparationis von ganz weit weg herholen und sodann die Verglichenen munter gleichsetzen – eine wohltuend ätzende Würdigung erfährt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert