Die Österreicher haben’s gut. 1919 wurden bei ihnen im Adelsaufhebungsgesetz alle kraft Geburt erworbenen Privilegien des Adels gesetzlich abgeschafft.1 Selbst das „Von“ ist verboten; die Strafen gegen Verstöße sind allerdings gering. (Wäre ja auch noch schöner!)
Dagegen Deutschland: Sozialneid überall bei den Geringverdienern, die über kein ererbtes Vermögen in Gestalt eines Schlosses und diverser Ländereien verfügen – na ja, außer bei den Lesern der Regenbogenpresse, denn die haben ja womöglich ein Schloss an der Pforte ihres Schrebergartengeländes!
Aber die Adligen sind zu ihrem großen Bedauern auch nur Menschen; hier müssen, wenn z.B. die „schillernde Persönlichkeit“, der „Lebenskünstler“ und „Strippenzieher“2 Dietrich Freiherr von Gumppenberg-Pöttmes-Oberprennberg in seinem Schloss Peuerbach gestorben ist („Es geschehen Dinge, die wir nicht begreifen können.”), ganz viele Freiherren und Freifrauen trauern, z.B.
Caspar Freiherr von Gumppenberg-Pöttmes-Oberprennberg
Kristina Freifrau von Gumppenberg-Pöttmes-Oberprennberg
Gregor Freiherr von Gumppenberg-Pöttmes-Oberprennberg mit Julia Freifrau von Hammerstein
Maximilian Freiherr von Gumppenberg-Pöttmes-Oberprennberg. Adel verpflichtet.
Österreich, du hast es besser.
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Minnie, Micky und Markus
Können Sie sich vorstellen, dass jemand, der mit Vornamen Micky heißt, in einer seriösen Zeitung wie der „Süddeutschen“1 schreibt? Nein, eher wohl, dass er bei einem der RTLs mit Chris Tall unheimlich (!) witzig ist oder mit dem investigativen Mario Barth irgendwelche anscheinend todernst gemeinte Dummheiten verzapft. Aber vielleicht heißt er ja gar nicht Micky Beisenherz, auch nicht Michael Beisenherz, sondern vielleicht einfach nur Gaston Sauermilch – so wie der schauerliche Chris Tall eigentlich den lustigen Namen Christopher Nast trägt.
Ein Herzelein ist der Beisenherz aber tatsächlich. So sucht er seinen Freund, den ‘schönen’ („Deutschlands schönste Grillzange“) Markus Lanz mit seinem „glänzenden Anzug“, seinem offenbar ergiebig duftenden „Parfum“ („wie wohl Lanz’ Parfum heißt“?) und seinen Stirnfalten à la Hugh Grant zu pushen. Er kennt den Markus gut, „hockt“ oft in seiner Garderobe und bewundert dort seine „Stiefeletten“. Lanz hat zwar einst bei RTL „den letzten Quatsch wegmoderiert“, Beiträge, „in denen Nacktsängerinnen den Neustart auf Mallorca schaffen“, oder waren es – der Artikel widerspricht sich da – doch „Nacktschwimmerinnen“?
Sein Geist durchdringt den Erdkreis
Neulich: Gunther Tiersch verkündet im ZDF Heute Journal die Wetteraussichten: Ein Tief folgt auf das andere. Düstere Wolken, Regen, als wenn die Feuerwehr aus vollen Schläuchen für einen Kinofilm spritzte: trostlos!
Doch dann endlich: „Zugeschaltet ist nun Markus Söder.“
„Herr Söder, diese vielen Tiefs – wie geht man am besten damit um?“
Söder, wie immer kompetent und selbstsicher, sagt, dass Tiefs zwar immer viel Regen bringen können, aber dass man sich davon nicht niederziehen lassen sollte. Er sehe irgendwann – das sei auch seine persönliche Erfahrung, die übrigens von zahlreichen Wissenschaftlern durchaus gestützt werde – wieder ein Hoch und damit auch einen blauen Himmel kommen, spätestens im Sommer.
Gott sei Dank! Abend gerettet!
Oder sollte man doch sicherheitshalber noch einmal umschalten zu Sven Plöger und dem Wetter bei den Tagesthemen? Vielleicht ist ja auch Plöger ganz scharf auf die Meinung eines Experten zum Wetter, eines echten bayrischen Ministerpräsidenten.
Oder doch lieber zu den Lottozahlen mit Franziska Reichenbacher und Markus Söder?
Wer ist Erdoǧan?
Sackdoof, feige und verklemmt
ist ***, der Präsident.
…
Er ist der Mann, der Mädchen schlägt
und dabei Gummimasken trägt.
Am liebsten mag er Ziegen ***
und Minderheiten unterdrücken.
Das ist nicht schön, was hier über einen Präsidenten gesagt wird. So etwas hört niemand gern über sich. Der türkische Präsident hat das Gedicht – doch wohl zu Unrecht – auf sich bezogen, weil der Name Erdoǧan darin auftaucht und mit einem türkischen Präsidenten assoziiert wird, und er war sehr verletzt.
Aber kann mit diesem Gedicht überhaupt Erdoǧan, der türkische Präsident, gemeint sein?
Da werden möglicherweise ehrenrührige Behauptungen aufgestellt über körperliche Gebrechen („Schrumpelklöten“), mangelnde Körperhygiene („Selbst ein Schweinefurz riecht schöner“) sowie sexuelle Vorlieben des betreffenden Präsidenten, die frei erfunden sind, da es kaum vorstellbar ist, wie der Autor dieses Schmähgedichts zu solch intimen Kenntnissen der Person („Schrumpelklöten“) gelangt sein soll, so dass sie, wenn sie überhaupt eine reale Person betreffen sollten, dann nur einen Namensvetter des Präsidenten, etwa den Präsidenten eines Fußballvereins mit gleichem Namen, meinen können. (Etwa 223577 Personen tragen diesen Namen – vornehmlich in der Türkei.1) Sie entstammen aber ohnehin höchstwahrscheinlich nur der schmutzigen Phantasie des – besser anonym bleibenden – Autors. Im Grunde ist es zudem ja auch nebensächlich, ob der betreffende Präsident, wenn er Mädchen schlägt, dabei Gummimasken (gleich mehrere? wie viele? alle auf einmal?) trägt. Es würde schon genügen, dass er Mädchen schlägt. Wenn er das tut, sollte er es aber unbedingt unterlassen. Denn das ist gemein.
Und was die Ziegen angeht, von denen in diesem Machwerk die Rede ist, so können Ziegen, besonders Zicklein, possierliche und vor allem wohlschmeckende Tiere sein; darum muss es ein Bewunderer solcher Tiere aber nicht so weit treiben, dass ihn seine ekstatische Hingabe an die Ziegen zu sexuellen Handlungen treibt. Was hier unterstellt wird, ist aber – soviel kann man wohl feststellen – auch eher selten. Und wenn der schäbige Autor dieser Invektive nun andeuten will, dass ein solches Verhalten gerade bei einem türkischen Präsidenten namens Erdoǧan zu finden wäre, der über einen riesigen, prunkvoll ausgestatteten Palast verfügt, von dem ein schmuckes Mädchen aus Wohnungssuche nur träumen kann, nämlich mit einer Gebäudefläche von 40.000 Quadratmetern und etwa eintausend Zimmern, mit Kristalllüstern, goldglänzenden Vorhängen und vielen, vielen Fahnen ausgestattet und in einem Naturschutzgebiet gelegen, und der folglich mit seiner Aura von Macht und Reichtum durchaus die eine oder andere glutäugige Geliebte, und zwar eben keine Ziege, in seinen Harem locken könnte – sein angetrautes, geziemend verschleiertes Weib hätte nach alter Sitte gefälligst die Klappe zu halten -, so erscheint dies vollends äußerst unwahrscheinlich.
Auch muss an dieser Stelle gesagt werden, dass das „Gedicht“ keine formalen Feinheiten aufweist, was Bildsprache, Rhythmus, Reime („-icken“ – „-ücken“) usw. betrifft. Von Schönheit kann bei diesem „Kunst“werk also keine Rede sein. Daran ändert auch die Wortschöpfung „sackdoof“ überhaupt nichts.
Lamborghini für alle!
Fußballer Frank Ribéry verkauft sein Auto, einen Lamborghini Aventador LP700-4 (Baujahr 2011), nach Tachostand 23500 km gelaufen. (Zum Fahren hat er ihn anscheinend wenig gebracht.) Hat einst 310 000 € gekostet – mit schwarz-gelber Lederausstattung. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Ärger oder Abscheu über eine solche Verschwendung angesichts all des Elends und Hungers in der Welt ist kleinkariert. Denn man bzw. Christian Lindner und der Wirtschaftsrat der CDU1 weiß ja, dass gemäß dem “Trickle-down”-Gesetz wir alle von Ribérys Lamborghini profitieren werden. (Gemeint ist nicht etwa auslaufendes Öl, sondern das Bild bezieht sich vielmehr auf die Pferdepisse, in der dann die Spatzen selig baden können – oder so ähnlich.)
Danke, Frank Ribéry. Danke, Christian Lindner, du kleiner Räuber!
Wie schön, dass du geboren bist,
Wir hätten dich sonst sehr vermisst!