Herbst
Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Lieber Rainer Maria,
dein Gedicht ist ja berühmt und wird immer wieder gerne zitiert. Die Leute mögen es eben. Das mit dem Fallen leuchtet mir ein. Wahrscheinlich kennen die Leute auch den “Einen”, der das Fallen in den Händen hält. Würde ich auch gerne kennen lernen, denn das ist ja wirklich kurios. Aber ich habe da ein Problem: Ich kann leider, so lange und angestrengt ich auch hingucke, die verneinende Gebärde bei den Blättern nicht erkennen. Ist das etwa wieder nur reine Poesie?
Auch in deinem anderen Herbstgedicht habe ich Stolpersteine gefunden. Wieso kommandierst du ständig den Herrn rum? Und dass der Sommer “groß” war, auch noch “sehr groß”, irritiert mich. Meinst du vielleicht, dass er sehr lang war oder dass er sehr trocken und warm war? Das hätte ich zu gern gewusst. Schade, dass du schon tot bist; jetzt kannst du es mir leider nicht mehr schreiben und den Sachverhalt klären. (Interessant wäre es auch, zu wissen, um welchen Sommer es sich handelt.)
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.