Au weihohweiha!

Mit einer Installation aus gebrauchten Schwimmwesten hat Al Weiwei auf die Menschen aufmerksam gemacht, die auf ihrem Weg nach Europa ertrunken sind. Er hat die 14000 Original-Schwimmwesten persönlich auf der Insel Lesbos sammeln und dann an den Säulen des Konzerthauses Gendarmenmarkt aufhängen lassen.
Alle Achtung, dieser Al Weiwei, Ideen hat der! Die Kunstbeflissenen, ein extrem sensibler Menschenschlag, waren sowohl ästhetisch – „mal was anderes und viel bunter als die nackten Säulen“ – als auch politisch-emotional – „ach, das haben wir ja nicht gewusst, wie schrecklich“ – beeindruckt. Es war eben eine geniale Idee, ein ideales Konzept.
Dabei aber wollte Weiwei beileibe[ref]Ohne Eigenlob – welche wunderbare Assonanz ist uns doch hier gelungen![/ref] nicht stehen bleiben. Denn der langbärtige, wenn auch hutlose Künstler von geheimnisvoll fernöstlicher Gestalt verfügt über ein schier unerschöpfliches Reservoir an genialen Ideen[ref]Seine Ideen sind auch ausgesprochen nachhaltig, weil sie uns wie Parzifal beim Anblick der drei Blutstropfen im Schnee in langes, langes Nachdenken versinken lassen. So geschah uns auch, als er 1997 eine Han-Urne zerbrach und auf die Schalen den Coca Cola Schriftzug setzte. Oh, was haben wir gegrübelt![/ref], die ebenso ästhetisch wie emotional politisch ansprechen und ihm darum auch viel Geld einbringen[ref]Der Hedgefonds-Manager Christopher Tsai freute sich einst über die Wertsteigerung von Al Weiweis Werken aufgrund seiner Verhaftung in China, da dies Ereignis die Preise auf das Drei- bis Sechsfache ansteigen ließen. Ein Mordsgeschäft! Als echter Kunstspekulant fragt man sich natürlich, wie man ihn nun im Westen vielleicht noch einmal zwecks Wertsteigerung ins Gefängnis bringen kann. Könnte er vielleicht ein rotchinesischer Spion sein? Das wäre schön.[/ref]. So hat er in Berlin für die Wohltätigkeitsveranstaltung, die „Cinema for Peace“-Gala, in der ein Film über das Schicksal einer syrischen Flüchtlingsfamilie ausgezeichnet wurde – die Familie durfte der Veranstaltung beiwohnen -, nach Chardonnay und deliziösen bunten Häppchen – in den Nationalfarben Syriens? – die nächste ebenso ästhetisch wie emotional politisch ansprechende Idee, dass die anwesende Society gegen Ende des Mahles unter ihrem Sitz goldglitzernde Original-Rettungsfolien gegen Unterkühlung – in diesem Falle allerdings wohl ungebraucht – hervorziehen und sich damit ummanteln sollte. Das war ein Einfall (Konzept?), der viel heiteren Beifall fand und auf zahlreichen Selfies aufbewahrt und so dankenswerter Weise vor der Vergänglichkeit geborgen wurde.
Künstler und Kunstbeflissene haben, das muss mal ganz klar gesagt werden, dieses gewisse Etwas.

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